„Saya guru“ – Lehrer sein in Purwokerto
Die Liebe zu Indonesien entwickelte sich bei mir während meiner ersten Indonesien-Reise, 2015. Danach war schnell klar: es war nicht das letzte Mal und ich möchte mehr von Land und Leute erfahren und helfen. Nach einer kurzen Recherche fand ich die Projekte von „Kinderhilfe Indonesien“ und war total begeistert und wurde Patentante von Sasa. 2016 lernte ich sie und ihre Familie das erste Mal kennen und werde den ersten Besuch nie vergessen. Doch schnell war klar – Kommunikation und Sprache ist der Schlüssel von allem! Sasa und ich schlossen demnach mit Händen und Füßen und Hilfe in Form von Dolmetschen den Deal dass sie „sedikit“ (ein bisschen) Englisch lernt und ich „sedikit“ Indonesisch lerne und dass ich sie bald wieder besuchen werde.
Bahasa Indonesia pauken in Deutschland ….
Zurück in Deutschland begann die Suche nach einem Indonesisch Sprachkurs – ich kann hier die VHS Köln oder die DIG (Deutsch Indonesische Gesellschaft) empfehlen. Jeden Mittwoch Abend wurde sodann Indonesisch gelernt – und je näher der Abflugtermin rückte, desto nervöser wurde ich ob es denn „reichen“ würde. Um dem vorzubeugen, habe ich in Bali - Denpasar noch einen Intensiv Indonesisch Kurs eingeschoben, um dann gewappnet mit Vokabular in einen Zug Richtung Purwokerto zu steigen.
Die nächste Indonesien Reise …
Als Alleinreisende in Indonesien ergeben sich immer wieder Möglichkeiten das Gelernte auszuprobieren, da man überall (immer auf sehr freundliche und interessierte Weise) angesprochen wird und so gut üben kann!
Meine Nervosität und Vorfreude auf dieser Reise beruhte aber nicht nur auf der Wiedersehensfreude mit meinem Patenkind Sasa und ihrer Familie und Besantie und Hardy, die auch über die Entfernung zu Freunden geworden sind, sondern auch dem Plan, an einigen der Schulen Englisch zu unterrichten. An dieser Stelle muss ich sagen, dass ich im „normalen“ Leben im Einkauf und nicht als Lehrerin tätig bin.
Plötzlich Lehrerin …
Englisch wird in Indonesien zwar ab der Grundschule unterrichtet, allerdings nur mit wenigen Stunden pro Woche. Hier habe ich einen Ansatz gesehen, das Projekt Kinderhilfe Indonesien weiter zu unterstützen und auszuprobieren ob ich nicht doch meinem Kindheitstraum hätte folgen und Lehrerin hätte werden sollen.
Mit etlichen ausgedruckten A3 Plakaten, Vokabelkarten und flauem Magen ging es dann in die erste Schule. Plötzlich stand ich vor 26 großen Augenpaaren und versuchte mit Themen wie Zahlen, Vorstellung, Tieren, Obst, …, Herkunft und kleinen Spielen die Aufmerksamkeit der Schüler zu erhalten. Der entgegengebrachte Respekt sowohl von Seiten der Schüler als auch Lehrer hat mich wie auch schon beim ersten Besuch beeindruckt. Somit versuchte ich allen die Angst zu nehmen, in dem ich mich nach meiner Vorstellung auf Englisch auch noch – sehr zur Begeisterung der Schüler - auf (gebrochenem) Indonesisch vorgestellt habe. Ich wurde außerdem noch mit einem tollen Tanz belohnt, der auf dem Schulhof aufgeführt wurde – es ist immer wieder eine Freude dies zu sehen!
Während der 5 Schultage in Purwokerto unterrichtete ich an 4 verschiedenen Schulen unterschiedliche Klassen und Altersstufen. Die Level waren sehr unterschiedlich, sodass ich relativ flexibel auf die Bedürfnisse der Schüler eingehen musste. Ein Problem an vielen Schulen ist die Aussprache - die Wörter „Thursday“ oder „Fifteen“ (statt fiveteen) wiederholten wir sicherlich hunderte Male.
Die Schüler waren durchweg begeistert und haben sich auf das Lernexperiment eingelassen. Manche begegneten mir mit großer Scheu und waren sehr schüchtern, andere hatten kaum Berührungsängste. Interessant war auch, dass man als neu in die Klasse kommende Lehrerin innerhalb von Sekunden eine Klassenstruktur verstehen kann – vorne in der Mitte sitzen die wissbegierigen Mädchen, hinten links die Jungs, die neben englischen Vokabeln noch anderes im Sinn haben und den Unterricht in spätestens 5 Minuten stören werden und rumquatschen. Hinten rechts sitzen die Mädchen, die sehr schüchtern sind, sich melden und die Vokabeln nur leise flüstern.
Dies alles hat mich an meine Schulzeit erinnert und ich musste sehr oft schmunzeln.
Besonders hervorheben möchte ich den Unterricht in den höheren Schulen (SMA und SMP – vergleichbar mit einem Gymnasium mit Mittel- und Oberstufe). Bei dem Gedanken an den Empfang, der mir dort bereitet wurde, wird mir immer noch ganz schwindelig. Ich wurde direkt in die durch Kinderhilfe Indonesien renovierte „Aula der Freundschaft“ geführt, wo bereits circa 40 Schüler saßen und ich von Schulleitung und Lehrern begrüßt wurde. Der Englischlehrer Adi hatte bereits ein Programm vorbereitet, bei dem sich die Schüler bei mir einzeln vorstellten und danach von mir beschriebene Berufe erraten durften. Im Nachgang konnten Fragen gestellt werden, wobei hier wieder die Schüchternheit siegte.
Mit den ältesten und im Englischen sichersten Schüler führte ich eine kulturelle Austauschrunde, in der sehr viele Fragen über Deutschland und Europa gestellt wurden. Darunter waren Fragen nach dem Alltag wie „wie und wo lebst du“ als auch Fragen nach Religion und Kultur. Bei der Frage nach einem typischen Tanz forderte ich nach kurzem Zögern Hardy auf, um mit mir vor allen einen Walzer zu tanzen.
Als Belohnung für jede Klasse wurden Fotos gemacht – nicht mein liebster Teil des Tages - aber Indonesier (egal ob klein oder groß) lieben es mit „bule“ (Bahasa Indonesia: „Ausländer“) Fotos zu machen und diese dann Freunden und Familien zu zeigen oder aber auch direkt auf facebook und instagram zu posten. Berührungsängste sollte man hier nicht haben, eher viel Lächeln, Peace Zeichen und Zeit mitbringen!
Sie ist so groß geworden …
Nach dem Unterricht gab es das große Wiedersehen mit meinem Patenkind Sasa, die komplett überrascht und überfordert (wie auch ich) war! Was den Kontakt mit Sasa und ihrer Familie betrifft muss ich betonen, dass ich heilfroh bin, etwas Indonesisch gelernt zu haben. Es hilft ungemein und nimmt die Hemmungen ein wenig. Des Weiteren ist mein Tipp an alle Paten, die ihre Patenkinder besuchen, Zeit alleine mit der Familie / dem Kind zu verbringen – mit Sasa und ihrem Bruder saß ich die meiste Zeit auf dem Boden und spielte Memory und Lego. Als Highlight brachte mir Sasa noch den Schultanz bei – meine erste javanische Tanzstunde – sehr zum Lachen aller als ich auch nach dem vierten Mal die Drehung immer noch falsch machte…. Seit diesem Aufenthalt habe ich auch per Whatsapp Kontakt zu dem Vater von Sasa, der mich regelmäßig mit Fotos von Sasa auf dem Laufenden hält. Sehr zur Freude der indonesischen Familie verschickte ich Schneebilder und konnte so mein „Wettervokabular“ erweitern und bleibe durch den Kontakt sprachlich in Übung.
To be continued…
Fazit meines Aufenthalts: es war aufregend, anstrengend, emotional und einfach nur toll!
Ich muss sagen, dass ich nach wie vor von der schnellen Auffassungsgabe und der hohen Motivation der Schüler begeistert bin und mir schon während meines Aufenthaltes in Purwokerto die Frage gestellt habe – soll es das gewesen sein?
Natürlich nicht!
Der nächste Flug ist bereits gebucht und dieses Mal habe ich aufgrund eines Sabbaticals mehr Zeit für Indonesien. Ein Sprachkurs, Reisen und natürlich Unterricht in Purwokerto stehen auf dem Plan! Ich bin schon mitten in der Unterrichtsvorbereitung und habe hier tatkräftige Unterstützung von Adi, Santi und Hardy.
Ich freue mich schon sehr auf das Wiedersehen – insbesondere mein neues 2. Patenkind persönlich kennen zu lernen!
An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Lehrern und dem gesamten Projektteam von Kinderhilfe Indonesien für das entgegengebrachte Vertrauen und die Möglichkeit, die Schüler zu unterrichten herzlich bedanken. TERIMA KASIH!!!!
Anna (Patin zweier Patenkinder bei der Kinderhilfe Indonesien)
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